Die Frage, „was ist ein Projekt“ klingt fast ein wenig trivial. Sie ist aber von elementarer Bedeutung für das Projektmanagement, speziell dem Portfolio-Management im Unternehmen. Zum Verständnis soll ein Blick auf das folgende Zustands-Übergangs-Diagramm (state transition diagram) beitragen.
Erteilung des Projektauftrags
Von elementarer Bedeutung ist dabei die Erteilung des Projektauftrages: es ist der Übergang vom Vorhaben zum Projekt. Erst durch die Erteilung des Projektauftrages wird aus dem Vorhaben ein Projekt. Es besteht bis zu diesem Zeitpunkt lediglich die Absicht, ein Projekt zu starten – das Projekt wurde jedoch noch nicht bewilligt und bleibt bis zur Auftragserteilung im Zustand „Projektidee ist in Planung“.
In Abhängigkeit vom Reifegrad des Projektmanagements im jeweiligen Unternehmen bzw. von der Projektorganisation (mit diesem Thema beschäftigen wir uns in einem separaten Artikel), wird die Entscheidung für die Erteilung des Projektauftrages vor dem Hintergrund der Unternehmensziele bzw. des bestehenden Projektportfolios getroffen werden.
Der Projektlebenszyklus hat keine direkte Entsprechung zum Phasenmodell. Er stellt den Prozessverlauf des Projektes dar: die Abfolge der Bearbeitungszustände und welcher Bearbeitungszustand in Abhängigkeit vom eingetretenen Ereignis (E) welche Aktivitäten (A) zulässt. So kann z. B. sichergestellt werden, dass ein Projekt im Zustand „ist beendet“ keine Stundenbuchungen mehr zulässt. Im Projektportfolio (Multiprojektmanagement) kann so dargestellt werden, welche Projekte welchen Zustand (Entwicklungsstand) bzw. Reifegrad haben.
Der Ausschnitt aus dem Projektlebenszyklus zeigt den Zustandswechsel: „Projektidee ist in Planung“; dieser Zustand wird durch die Genehmigung des Projektantrags zu „Projekt ist aktiv“. Die „Verantwortung“ für das Projekt wechselt von der Linie zum Projekt. Aus dem Projektantrag wurde der Projektauftrag. Im Diagramm ist auch zu erkennen, dass nur ein Projekt im Zustand „ist aktiv“ abgenommen werden kann (A: Projekt abnehmen) und somit in den Zustand „ist beendet“ wechselt.
Zustandsdiagramme werden im Projektmanagement häufig verwendet, um Vorbedingungen für die Ausführung von Aufgaben zu definieren. So ist es für ein Projekt im Zustand „ist beendet“ nicht sinnvoll, einen Projektstatusbericht zu erstellen.
Mit Hilfe des Projektlebenszyklus wird u.a. die Voraussetzung geschaffen, Projekte „vergleichbar“ zu machen. So ist es sicherlich ein bedeutender Unterschied, ob ein Projekt im Zustand „ist aktiv“ oder „ist ruhend“ ist.
Jedes Vorhaben ist ein potenzielles Projekt, es wird im Planungsprozess berücksichtigt und ist Bestandteil des Projektportfolios! In das Projektportfolio eines Unternehmens sollten alle Vorhaben und Projekte aufgenommen werden, welche Ressourcen binden. So ist ein Vorhaben relevant, wenn es durch den Zustandswechsel in „ist aktiv“ in direkter Konkurrenz zu den anderen bereits aktiven Projekten tritt.
Das Projektportfolio
Ein Projektportfolio ist ein „Projektbündel“; mehrere (Vorhaben und) Projekte, welche
eine gemeinsame Ausrichtung bzw. (strategische) Ziele, Thema, oder sonstigen Zusammenhang haben
Synergien erschließen, Potenzial bieten …
den höchst möglichen Nutzen realisieren
Je nach Größe des Unternehmens und Anzahl der Projekte ist es sinnvoll, mehrere Projekt-Portfolien zu etablieren! Verschiedene Gliederungskriterien bieten sich an:
IT-Projekte, F&E-Projekte (Forschung und Entwicklung), Rendite orientierte Projekte
…
Projekte, welche einen „inhaltlichen“ Zusammenhang haben, werden zu einem Programm zusammengefasst; analog werden vergleichbare Programme wiederum zu Portfolien zusammen gefasst.
So ist es eine Hauptaufgabe des „Projektportfolio-Gremiums“, die Portfolien bzw. Projekte zu priorisieren – über den Start bzw. Stopp eines einzelnen Projektes – vor dem Hintergrund aller anderen Vorhaben und Projekte – zu entscheiden.
Projekte werden verschoben, vorübergehend gestoppt, …
Wechselwirkungen beachten
Ressourcenbedarf deutlich höher als geplant
Businesscase neu berechnen
Auswirkungen auf Portfolio analysieren und bewerten
Engpassressource fällt aus
Auswirkungen auf Portfolio analysieren und bewerten
Ursprüngliche Nutzenprognose nicht mehr haltbar
Vorausschauendes „Denken & Handeln“ sind gefragt: ein mit klaren Rollen & Verantwortlichkeiten sowie „unternehmerischem Spielraum“.
Welche Vorhaben werden als Projekt gestartet und ins Portfolio aufgenommen?
Wie ist die Auswirkungen auf die bestehenden Portfolien?
Verändert sich die Struktur und Zusammensetzung?
Ist mit ungeplanten Nebeneffekten zu rechnen?
…
Dazu werden jedoch neben dem Bearbeitungszustand eines Projektes, einige weitere Informationen benötigt. Dazu soll ein strategisches Projektportfolio „Verbesserung der Marktposition“ betrachtet werden.
Zur Priorisierung werden folgende Kriterien verwendet:
Strategiebeitrag: Maßeinheit für den Beitrag eines Projektes zum Unternehmenserfolg – je höher der Wert, umso höher der Beitrag
Operative Dringlichkeit: drückt die Dringlichkeit der Durchführung eines Projektes aus; die Nicht-Durchführung gefährdet den operativen Betrieb bzw. den Fortbestand des Unternehmens
Externe Effekte: bewertet die Höhe der externen Einflüsse auf den Projektverlauf
Wirtschaftlichkeit (Renditequotient): kann auch als „Return on Investment“ (ROI) berechnet werden; ist abhängig vom (kalkulatorischen, internen) Zins und vom Marktzins; Kostenersparnispotenziale.
Risikoindex: ergibt sich aus der „Auswirkung“ eines Eintretens des betrachteten Risikos im Verhältnis zur Höhe der Eintrittswahrscheinlichkeit
Komplexitätsindex: Maßzahl für die Komplexität eines Projektes
Status: der aktuelle Bearbeitungszustand eines Projektes
Portfolio-Management: Priorisierungsprozess
Die Priorität ergibt sich aus der Gesamtbetrachtung aller Projekte. Dazu werden die Projekte in einer Einzelbetrachtung gegenüber gestellt werden. Die Zugehörigkeit zu einem Portfolio drückt sich durch die Spalte “Portfolio“ aus. Projekte mit einer hohen operativen Dringlichkeit müssen bevorzugt behandelt werden, da sie die Existenz der Organisation beeinflussen können.
Eine Unterteilung in „qualitative“ und „quantitative“ Merkmale ist möglich; weitere mögliche Kriterien können bei Bedarf hinzu gezogen werden:
Beitrag des Projektes zur Verstärkung der Kundenbeziehung,
die Wirkung auf die Prozess- und Produktqualität,
das Potenzial zur Beschleunigung von Prozessen, Durchlaufzeiten und Lieferfristen,
Auswirkungen auf das Image des Unternehmens,
die Wechselwirkungen mit Produkten, Leistungen und Projekten
verfügbare know how der Mitarbeitenden
Umfeld und Kontext des Projektes (Umfeld- und Stakeholder-Analyse)
Jedoch sollte berücksichtigt werden, dass sich die Merkmale teilweise überschneiden bzw. nicht zu 100% voneinander abgegrenzt werden können.
Die einzelnen Werte können „maschinell“ berechnet werden. Des Weiteren könnte auch ein Algorithmus zur vollautomatischen Priorisierung entwickelt werden. Allerdings sollte die Geschäftsleitung einen unternehmerischen Gestaltungsspielraum behalten – und sich somit das „letzte Wort“ über die Durchführung eines Projektes vorbehalten.
Zu beachten ist, dass zwischen den Projekten Abhängigkeiten bestehen können:
Die Ergebnisse eines Projektes sind Voraussetzung für ein anderes Projekt
Die Projekte stehen in Konkurrenz zueinander
…
Visualisierung des Portfolios
Beliebt ist eine zweidimensionale Darstellung, z. B. mit den Koordinaten
Strategiebeitrag und Wirtschaftlichkeit
Opeerative Dringlichkeit und Wirtschaftlichkeit
Allerdings sollte berücksichtigt werden, dass eine solche Darstellung immer eine Reduktion der tatsächlichen Komplexität darstellt. Andererseits kann die gewählte Darstellung auch den Blick auf das Wesentliche lenken, erforderliche Diskussionen anregen und Entscheidungen begünstigen.
Für die Artikelserie „Portfolio-Management" sind noch zwei Beiträge geplant:
Organisation und Rahmenbedingungen des Portfolio-Managements
Einführungsprozess eines Portfoliomanagements
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